(pw) Im November, wenn die Natur langsam zur Ruhe kommt, ist der perfekte Zeitpunkt zum Pflanzen von Hecken, die im Frühling austreiben werden. Eine Gruppe motivierter Freiwilliger setzte auf der Fläche neben dem Friedhof, angeleitet von Raphael Winter von AquaTerra, Dübendorf, diverse Wildsträucher und schichtete Ast- und Steinhaufen, die dereinst Lebensräume werden sollen für viele Tier- und Pflanzenarten.

Es sei perfektes Pflanzwetter, begrüsste Raphael Winter morgens um 8 Uhr die Gruppe regenfest gekleideter Freiwilliger auf dem noch brach liegenden Gemeindegebiet neben dem Awandel-Friedhof. Winter hat die Gemeinde die letzten drei Jahre beraten bei der Umsetzung der Biodiversitätsinitiative.

Lebensräume entstehen

«Der Graben, der die Fläche durchzieht, war ursprünglich gradlinig», fuhr Winter fort. Er habe dazu gedient, das umliegende Landwirtschaftsgebiet zu entwässern und bebaubar zu machen. Diesen Sommer sei nun durch teilweise Ausweitungen und Abflachungen Struktur in den Graben reingebracht worden. Und mittels eines Wehrs wird künftig das Wasser des zeitweise trockenfallenden Grabens angestaut und so ein neuer Lebensraum, unter anderem für Libellen, bereitet.

Der neu geschaffene Weiher, gespiesen von Grundwasser, wird mal mehr, mal weniger Wasser führen, wie Winter erklärte. «Solche periodisch austrocknende Gewässer sind für bestimmte Arten förderlich», erklärte er der Gruppe. Viele Tier- und Pflanzenarten hängen davon ab und haben sich an vorübergehende Austrocknung angepasst. Zum Beispiel der Laubfrosch, der im Kanton Zürich stark gefährdet ist. Er muss wandern können, was ihm mit diesem zusätzlichen Biotop in Seenähe wieder vermehrt möglich sein wird. Auch die gefährdete Ringelnatter sollte sich ansiedeln können. Diese Schlangenart ist übrigens ungiftig.

Wiesenaufwertung mit Schnittgut und Samen

Die im Herbst noch kahle Fläche, von manch Spazierenden skeptisch beäugt, war bearbeitet worden, um eine Magerwiese entstehen zu lassen. Dafür war im Sommer die oberste, nährstoffreiche Humusschicht abgetragen worden. Anschliessend wurde auf der Fläche Schnittgut von einer nahe gelegenen Riedwiese ausgebracht sowie Samen von ausgesuchten Pflanzen. «Von einer einzigen Pflanze hängen viele Tier- und Insektenarten ab», so Winter. Ein besonders eindrückliches Beispiel sei der «Teufelsabbiss». Im Rahmen einer fotografischen Dokumentation im Jahr 2021 konnten von einem Experten sage und schreibe 48 Insekten- und sechs Spinnenarten auf der Pflanze nachgewiesen werden, die sie als Nahrungsquelle und
Versteckmöglichkeit nutzten.

Licht, dichte Hecken und Kleinstrukturen

Zurück zur Arbeit an jenem Samstag: Zwischen der neuen Fläche und dem etwas höhergelegenen Friedhof war im Vorfeld die Baumschicht ausgelichtet worden, damit genügend Sonnenlicht auf die Fläche kommt. Hier setzte die engagierte Gruppe nun einheimische Wildsträucher, darunter Kreuzdorn, Schwarzdorn und Kornelkirsche (in unserer Gegend auch als «Tierlibaum» bekannt und für Konfis beliebt). Dabei hatten die tatkräftigen Helferinnen und Helfer darauf zu schauen, zwischen den Heckenpflanzen je einen Abstand von einem Meter einzuhalten, um Verdrängung zu verhindern und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Hecke so dicht wird, dass Vögel einziehen können.

So ganz nebenbei lernten sie interessantes Gärtnerwissen dazu: Zum Beispiel, dass es sich bei der Auswahl der Sträucher aus naturkundlicher Sicht lohnt, auf einheimisches Pflanzgut zu setzen. Dieses ist optimal an unser Klima angepasst und bietet Tieren Nahrung und Unterschlupf. Dagegen sind Ziersträucher oft unfruchtbar und bringen weder Pollen noch Früchte hervor. Besonders kräftige Helfer machten sich daran, aus Steinen und Holz Strukturen zu bauen für Kleintiere wie Wiesel, Igel oder Eidechsen. Werden diese geschickt geschichtet, so entstehen darin und darunter perfekte Hohlräume für die Tiere.

Die nächsten Monate und Jahre

Weshalb werden Hecken idealerweise jetzt gesetzt, Raphael Winter? «Sie können in der nun kommenden, eher feuchten Jahreszeit gut einwurzeln. Und im Frühling werden sie ausschiessen.» Es wird interessant zu beobachten sein, wie sich die Fläche entwickelt. Zu erwarten sind vielerlei Insekten wie Schmetterlinge und Wildbienen, Amphibien wie Frösche und Reptilien wie Eidechsen und Schlangen. Und auch eine vielfältige Pflanzenwelt wird sich ansiedeln.

Allerdings ist beim Beobachten Geduld angesagt. Ab jetzt überlässt man der Natur die Führung. Sie entscheidet, was gedeiht. Trotzdem muss zwischendurch eingegriffen werden, um allfällig Brombeeren zu bekämpfen oder im Sinn einer Entwicklungspflege die Fläche ein- bis zweimal im Jahr schneiden. Ebenfalls muss sichergestellt werden, dass auf der
frisch gestalteten, offenen Fläche keine Neophyten einziehen, die sich vielerorts noch immer in Gärten tummeln; zum Beispiel das «Einjährige Berufskraut», der «Sommerflieder» oder der «Kirschlorbeer».

Fortsetzung erwünscht

Dieses Projekt ist das letzte aus der Biodiversitätsinitiative. Die Gemeinde plant jedoch, dass eine Fortsetzung folgt. Die ökologische Aufwertung der Fläche beim Awandel wurde zur Hälfte vom Kanton finanziert. Sie wird zukünftig als kantonales Naturschutzgebiet aufgenommen und nach einer einjährigen Entwicklungspflege durch Greifensee anschliessend vom Kanton gepflegt.

Die tatkräftigen und motivierten Helferinnen und Helfer vom besagten Samstag dürfen besonders stolz sein auf das Geleistete und sich freuen, wenn aus ihrer Arbeit neues, vielseitiges und wertvolles Leben entsteht.