Die Schwerzenbacher Biodiversität wird um sieben Wildbienenhotels reicher. Der Biologe René Gilgen äussert sich im Interview zum Projekt.
Isabelle Piccand

Herr Gilgen, Sie sind Biologe und setzen für die Gemeinde Schwerzenbach die Initiative «Schutz der Artenvielfalt – Rettet die Bienen» um. Der Gemeinderat hat nun 35 000 Franken für sieben Wildbienenhotels bewilligt, handelt es sich um Luxusherbergen?

René Gilgen: Nein, Wildbienen brauchen keine Luxushotels. Sie geraten aber unter Druck, da die Zersiedelung ihren Lebensraum schrumpfen lässt und die fehlenden Blumenwiesen zu Nahrungsknappheit führen. Die sieben geplanten Wildbienenhotels in Schwerzenbach bieten den nötigen Wohnraum . Auf zwei Meter Höhe und einem Meter Breite sind verschiedene Nistplätze angelegt, wie beispielsweise Module mit Totholz oder Lehm, mit Ziegelsteinen oder mit abgestorbenen Pflanzenstängeln. Unter den Hotels gibt es dann Sandhaufen – Wildbienen leben auch dort.

Und wie teuer ist so ein Hotel?

Ein einzelnes Bienenhotel kostet den Steuerzahler 3000 Franken, was sich aber auszahlt durch Robustheit und Langlebigkeit. Dass die Rettung der Wildbiene schlussendlich die Menschheit am Leben hält, ist eigentlich Investitionsgrund genug. Denn die Wildbienen sind die wichtigsten Bestäuber. Dass unsere Bauern zum Teil bereits Wildbienen aus dem Ausland einkaufen, zeigt, dass die Lage ernst ist.

Die Initiative der Grünen zielt vor allem auf die Wildbienen – werden die anderen Insekten vergessen?

Nein, keineswegs. Die Wildbienen sind zwar das Aushängeschild der Initiative, da sie bereits viel Sympathie geniessen. Fakt ist aber: Andere heimische Arten wie die Schmetterlinge, Amphibien, Reptilien, Käfer oder Heugümper sind ebenso bedroht. Jeder Standort wird somit gesamthaft aufgewertet. Dafür werden heimische Pflanzen, Ast- und Steinhaufen oder Holzbeigen eingesetzt.

Wie schlecht steht es um die Artenvielfalt in Schwerzenbach tatsächlich?

Als ich zum ersten Mal durch die Quartiere in Schwerzenbach spaziert bin, war ich schockiert! Der Siedlungsanteil liegt bei 43 Prozent, das ist hoch. Viele Gärten sind herausgepützelt, haben keine heimische Pflanzen und es fehlt den Insekten an Lebensräumen . Dabei kann jede und jeder einen kleinen Beitrag leisten – auch ohne grossen Aufwand.

Eine Bienenpension auf dem Fenstersims?

Ein Blumentopf mit einheimischen Blumen auf dem Balkon zum Beispiel. Einfach mal die Wildblumen im Garten nicht schneiden – das hilft auch. Oder den Rasen mal mit heimischen Sträuchern und Wildblumen aufpeppen. Sogar der Ast am Boden bietet Unterschlupf. Und ein kleines Bienenhotel passt auch überall hin. Übrigens: Wildbienen bewegen sich nicht in Schwärmen und der Stachel ist sehr weich – sie stechen also kaum.

Und wann ziehen die Wildbienen nach Schwerzenbach?

Die ersten Bienenhotels werden im Februar 2024 aufgestellt. Ob die Hotels Erfolg haben und Wildbienen einziehen, zeigt sich dann im Frühling, wenn die ersten Sonnenstrahlen kommen. Welche der 600 Wildbienenarten dann auftauchen, wird dann eine Überraschung sein. Eins ist sicher: Die Wildbienen einkaufen, das ist keine Option.


Standorte der Wildbienenhotels:

Schützenhaus; Obstbaumgarten Chropfacker; Obstbaumgarten Schossacher; Umgebung Sportplatz Zielackerstrasse; Retensionsbecken Schossackerstrasse; Gemeindehaus; Umgebung Tennisplatz .


«Schutz der Artenvielfalt – Rettet die Bienen»
  • Am 27. Mai 2019 wird von den Grünen Rahel Pfeuti und Thomas Wälchli die Einzelinitiative «Schutz der Artenvielfalt – Rettet die Bienen» eingereicht.
  • Am 7. März 2021 stimmt das Stimmvolk der Initiative zu und bewilligt ein Kredit in Höhe von 150’000 Franken.
  • Das Konzept «Schutz der Artenvielfalt – Förderung der Biodiversität 2022-2024» wird von der Fachgemeinschaft Ökologie, Umwelt Natur im November 2022 erstellt.
  • Am 12. Juni 2023 bewilligt der Gemeinderat in Schwerzenbach einen Kredit von 35000 Franken für die Anschaffung von sieben Wildbienenhotels