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Der akute Fachkräftemangel ist – wir wissen es – in aller Munde. Gleichzeitig sehen wir uns mit einer älter werdenden Bevölkerung konfrontiert, die erfreulicherweise auch im fortgeschrittenen Alter geistig und körperlich agil, wissbegierig und auch interessiert daran ist, sich lebenslang weiterzubilden und zu lernen. Mit der parlamentarischen Initiative „Fachkräftemangel wirksam bekämpfen“ soll daher das Ausbildungsbeitragsgesetz so ergänzt werden, dass innovative Kantone mehr Ausbildungsbeiträge bekommen, wenn sie vor allem in die Ausbildung Erwachsener investieren: in Erstausbildungen, Weiterbildungen, Zweitausbildungen oder Umschulungen, sofern solche nötig sind und nicht anderweitig finanziert werden. Eine weitere Bedingung soll darin bestehen, dass die Ausbildungsbeiträge existenzsichernd ausfallen und an keine Altersgrenze gebunden sind.

Lebenslanges Lernen ist heute aufgrund des schnellen technologischen Wandels und von Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt essenziell. Die Zeiten, in denen die Menschen lebenslang in ein und demselben Beruf gearbeitet haben, sind vorbei. Will man nicht abgehängt werden, sind während des Berufslebens weitere Aus- und Weiterbildungen unumgänglich. Dies muss man sich aber leisten können, und hier haben leider längst nicht alle die gleichen Chancen.

Die Anstrengungen des Bundes bezüglich Unterstützung sind zwar zu begrüssen, genügen jedoch noch nicht. Über die ganze Schweiz gesehen bestehen grosse Lücken. Im europäischen Vergleich gehört die Schweiz sogar zu den Schlusslichtern. Zudem bestehen bei den Beiträgen grosse Unterschiede. Nur wenige Kantone zahlen Stipendien für Zweitausbildungen, Weiterbildungen oder Umschulungen, vor allem bei Über-25-Jährigen. Nur eine Minderheit der Kantone spricht existenzsichernde Beiträge, was aber nötig wäre. Denn die Erwerbsarbeit muss hierfür meist reduziert werden, während die Familie weiterhin ihre Bedürfnisse hat.

Untersuchungen zeigen: Je höher die Bildung einer Person, desto mehr Aus- und Weiterbildungen macht sie, und umso eher wird diese vom Arbeitgeber bezahlt. Bereiche, in denen kaum Weiterbildungen gemacht werden, sind vor allem jene mit tiefen und mittleren Löhnen, weil dort Zeit und Geld fehlen, sofern die Ausbildung nicht in der Arbeitszeit gemacht werden kann. Dort gäbe es grosses Potenzial. Personen mit tiefer oder mittlerer Qualifikation werden durch die Arbeitgebenden nur ungenügend gefördert. Meist erhalten sie nur ein paar Tage interner Weiterbildung, die sie nicht weiter qualifizieren. Eine wirklich qualifizierte Aus- oder Weiterbildung ist für diese Einkommensgruppen zu teuer, selbst wenn sie zur Hälfte bezahlt wird. Bei Personen mit einem tiefen oder mittleren Lohn wäre das Potenzial aber sehr gross.

Der Bundesrat sagt, Weiterbildung liege in der Eigenverantwortung. Man muss sie sich aber leisten können, und das relativiert die Eigenverantwortung massiv. Es braucht daher mehr Bundesfinanzen für innovative Kantone, die ihre existenzsichernden Stipendien für alle und ohne Alterslimite ausbauen wollen. Das ist ein bewährtes Mittel gegen den Fachkräftemangel, gegen ungleiche Bildungschancen sowie für eine Aus- und Weiterbildung für alle, vor allem für Erwachsene.

Ich bitte Sie daher im Namen der Minderheit, der Initiative Folge zu geben.

Meret Schneider, Nationalrätin Grüne Kanton Zürich

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