zu den anstehenden Kantonswahlen vom 12. Februar und zum Artikel im Anzeiger von Uster „Strippenzieher und Meister-Rhetoriker – diese 40 stechen im Kantonsrat heraus“.

Mitte Februar finden im Kanton Zürich wieder Regierungs- und Kantonsratswahlen statt. Im Dezember hat der Tagesanzeiger von den 180 Kantonsrätinnen und Kantonsräten 40 Personen ausgewählt, die ihm in den letzten vier Jahren als Strippenzieher, Rhetorikerinnen, Newcomer oder Originelle aufgefallen sind. Derselbe Artikel erschien auch im Anzeiger von Uster. Klar ist, die Erwähnten freuen sich über die Nominierung. Die anderen fuchst es, nicht unter den Auserkorenen zu sein. Letztere haben meist genau gleich viel Arbeit und im Einzelfall auch genau gleich gute, oder sogar noch bessere Arbeit hinter den Kulissen geleistet, zum Beispiel in den Kommissionen oder Fraktionen.

Unter den 40 ausgewählten Personen befanden sich nur zehn Frauen, also ein Viertel. Der Frauenanteil im Kantonsrat beträgt jedoch seit 2019 knapp 40 Prozent. War die Jury des Tagesanzeigers auf einem Auge blind oder haben wir Frauen unsere Arbeit unter den Scheffel gestellt? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Von den acht Fraktionen werden zwei von Frauen, eine dritte von einem Frauen- und Männer-Duo geleitet. Von den 15 kantonsrätlichen Kommissionen werden nur zwei von Frauen präsidiert. Allein schon diese Posten verschaffen einem oder einer mehr Gehör.

Sicher hat der Tagesanzeiger den Vogel damit abgeschossen, dass er im Artikel nur bei zehn Männern ein Foto hinzugefügt hat. Damit hat er – gewollt oder ungewollt – dem Bild Vorschub geleistet, Politik sei Männersache. Damit wird die Zeitung dem politischen Leistungsausweis der Frauen mit mit seiner Bildsprache nicht gerecht. Das bedauern wir sehr. Im 21. Jahrhundert sollte eine solche Darstellung eigentlich gar nicht mehr möglich sein.

Jetzt aber stehen Wahlen an. Als Stimmberechtigte haben Sie es in der Hand, Frauen zu wählen. Im Sinne der Gleichstellung ist es zentral, dass Frauen nach der Wahl im Kantonsrat gleich gut vertreten sind wie die Männer, so wie es auch ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Nicht, weil wir Frauen die besseren Menschen sind, sondern, weil wir aufgrund unserer Lebensbiografien andere Erfahrungen, Blickweisen und Schwerpunkte in die Politik hineintragen. Zusammen mit den Männern lässt sich so gute Politik für alle Menschen in unserem Kanton machen.

Nach den Wahlen wird es an den Frauen liegen, ihre Politik und Arbeit sichtbarer zu machen. Es gehört zum Spiel der Politik, nicht nur gute Arbeit zu leisten, sondern auch darüber zu reden. Machen wir zusammen vorwärts, wir Frauen zählen auf Sie!

Karin Fehr Thoma, Kantonsrätin Grüne & Natalie Lengacher Steenaerts, Kantonsratskandidatin Grüne