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„D’Säuli gönd au gärn go sünnele. Wäge dem hämmer au äs Schattenetz, dass sie au kän Sunnebrand überchömed. I dere Ziit, wo d’Hüener bi eus sind, simmer au verantwortlich defür, dass es dä Hüener wohl isch. Euseri Tier sind vo Früelig bis Herbscht immer uf dä Weid.“ Nein, dies sind keine Wunschäusserungen von Meret Schneider, Mitinitiantin der Massentierhaltungs-Initiative. Dies sind Aussagen, die exakt dem O-Ton der Werbespots „Schweizer Fleisch – der feine Unterschied“ von Proviande entsprechen. Untermauert werden sie von Bildern, die Schweine mit Auslauf zeigen, Kühe auf der Weide und Hühner, die fröhlich im Stroh picken.

Ja, genau so stelle ich mir die Tierhaltung in der Schweiz vor. Alle in diesen Werbungen präsentierten Betriebe würden den Anforderungen der Initiative entsprechen. Sie zeichnen ein idyllisches Bild der Schweizer Tierhaltung, das eines verschweigt: Es sind alles Label-Betriebe, von denen die konventionelle Haltung in Grossbetrieben weiter entfernt ist, als wir alle es erahnen würden. Weniger als ein Quadratmeter steht einem Schwein von 100 Kilogramm heute in der Schweiz zu – auf Betonboden. 27 000 Hühner werden in konventionellen Masthallen gehalten; 2 bis 4 Prozent davon sterben, bevor sie ihr Schlachtgewicht erreicht haben. Die anderen können nach zwei Wochen kaum mehr auf den eigenen Beinen stehen, weil sie so schnell Fleisch ansetzen müssen.
Nach gut zehn Monaten werden auch sämtliche Legehennen vergast, weil sie in die Mauser kommen und deshalb weniger produktiv sind. Das Huhn, ein intelligentes, fühlendes Lebewesen, ist zum kompletten Massenprodukt verkommen. Ich könnte nicht einiger sein mit den Aussagen von Proviande und erinnere gern daran, dass wir die Tierwürde in der Verfassung verankert haben. Wenn wir als Menschen Tiere halten und essen, so sind wir dafür verantwortlich, ihnen ein möglichst tiergerechtes Leben zu ermöglichen.

Ein Schwein ist bezüglich Empfindungsfähigkeit und kognitiver Leistungsfähigkeit sogar einem Hund überlegen. Es möchte sich bewegen, spielen, sein Sozialverhalten ausleben, und dennoch sehen rund 50 Prozent der Schweine bis zu ihrem Schlachttag nie den freien Himmel, geschweige denn ein Schlammbad. Man stelle sich vor, wir würden heute Golden Retriever so halten, wie wir das mit unseren Schweinen tun. Der gesellschaftliche Aufschrei wäre riesig.

Bereits heute steigt die Nachfrage der Konsumierenden nach Produkten aus einer Produktion mit hohem Tierwohlstandard massiv. Laut Umfragen ist es über 70 Prozent der Konsumierenden wichtig, wie die Tiere gehalten werden und dass es den Tieren gutgeht. Wenn Sie die Werbespots von Proviande sehen, dann kann man es den Konsumierenden nicht verübeln, dass sie denken, den Schweinen und den Hühnern gehe es tatsächlich so, wie das in den Videos gezeigt wird. Dass dem nicht der Fall ist, haben meine Beispiele eindrücklich gezeigt, und ich könnte noch viele weitere anfügen. Es ist jedoch nicht meine Art, ausschweifend über Tierleid zu lamentieren. Vielmehr sollten wir in Bezug auf die Bauern in den Videos endlich Taten folgen lassen und dafür sorgen, dass die Tierhaltung in der Schweiz tatsächlich so aussieht, wie es dort gezeigt wird. Genau das und nicht mehr will die Initiative gegen Massentierhaltung.
Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Unterstützung.

Meret Schneider, Nationalrätin Grüne Kanton Zürich

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