Die neue Greifenseestrasse ist ein uraltes Projekt, das auf die 80er Jahre zurückgeht. Die Strasse soll das Industriegebiet Volketswil entlasten und das Grossriet, ein über 40 ha grosses Landwirtschaftsgebiet in Uster, für die bauliche Entwicklung erschliessen. Der Kantonsrat hat 2010 einem Rahmenkredit Regionalen Verkehrssteuerung RVS, welcher ÖV-Verbesserungsmassnahmen zum Ziel hatte, zugestimmt. In diesem Rahmenkredit war die Neue Greifenseestrasse enthalten. Die Neue Greifenseestrasse wurde dann durch die Kulturlandinitiative ausgebremst. Im 2018 lag ein Vorprojekt vor. Zu diesem Vorprojekt haben u.a. auch der Gemeinderat Greifensee wie auch der Stadtrat Uster Stellung genommen. Für beide Gemeindevorstände braucht es die Neue Greifenseestrasse im Moment nicht.

Karte: Geplante Neue Greifenseestrasse in rot, Reservezone Langmorgen/Bluetmatt (Grossriet Nänikon) in gelb.

Die Stadt Uster hat in den letzten Monaten ein Stadtentwicklungskonzept (STEK) verabschiedet. In diesem STEK ist vorgesehen, das Gebiet Grossriet in der Reserverzone zu belassen. Damit würde erst mit der Planungsrevision 2050 neu entschieden, das Gebiet Grossriet allenfalls zu entwickeln.

Die Grünen der Stadt Uster haben zwei Volksinitiativen eingereicht. Einerseits fordern sie, das Gebiet Grossriet in die Landwirtschaftzone umzuzonen, anderseits den Stadtrat von Uster zu verpflichten, sich mit allen Mitteln gegen die Neue Greifenseestrasse einzusetzen.

Vor wenigen Tagen hat sich das Ustermer Gemeindeparlament mit den beiden Volksinitiativen befasst. Das Gemeindeparlament lehnt die beiden Initiativen ab. Die Gegenvorschläge des Stadtrates fanden jedoch zweimal eine Mehrheit:

  • A) Das Gebiet Grossriet soll gemäss STEK angepasst werden und in der Reservezone belassen werden. Damit soll das Gebiet frühestens mit der Planungsrevision 2050 zur Bebauung zugänglich gemacht werden.
  • B) Der Stadtrat hat beim Kanton Zürich und beim Zweckverband Region Zürich Oberland die Streichung der Neuen Greifenseestrasse in Nänikon aus dem Regionalen Richtplan Oberland zu beantragen.

Vermutlich wird in der Stadt Uster im November 2020 über die beiden VI und die beiden Gegenvorschläge abgestimmt. In diesem Zusammenhang stellen wir dem Regierungsrat folgende Fragen:

Frage 1: Einbezug der Standortgemeinden Uster und Greifensee

Grüne: Hat der Regierungsrat die Entwicklung in der Stadt Uster sowie auch die Haltung des Gemeinderates von Greifensee zur Kenntnis genommen? Wie steht der Regierungsrat zur Idee, das Gebiet Grossriet frühestens mit der Planungsrevision 2050 zu entwickeln?

Antwort Regierungsrat: Die Neue Greifenseestrasse steht für ein Infrastrukturprojekt im Handlungsraum urbane Wohnlandschaft an der Grenze zwischen Glattal und Zürcher Oberland, in dem die Gemeinden funktional eng miteinander verflochten sind. Dieser Raum ist aufgrund seiner sehr guten verkehrlichen Erschliessung sowohl im Bereich des öffentlichen Verkehrs als auch bezüglich motorisierten Individualverkehrs von grosser raum- und verkehrsplanerischer Bedeutung.

Das Projekt der Neuen Greifenseestrasse ist im Kontext der kantonalen Infrastrukturplanung zu betrachten. Das Strassenprojekt wurde ursprünglich in den Rahmenkredit der Regionalen Verkehrssteuerung (RVS) aufgenommen, den der Kantonsrat 2010 bewilligt hat (Vorlage 4603).

Das Vorprojekt aus dem Jahr 2011 wurde durch die Kulturlandinitiative verzögert, wie in der Anfrage korrekt dargestellt wird. Die Gemeinden Schwerzenbach, Volketswil und Greifensee, die Stadt Uster, die Planungsregionen Glattal und Oberland und das Amt für Raumentwicklung erarbeiteten 2012 den Masterplan 2050 für den Raum Uster-Volketswil. Aufgrund der Erkenntnisse dieser Planung wurde das Projekt überarbeitet. Dies umfasste neben einer landschaftsverträglicheren Einpassung der Strasse auf ausdrücklichen Wunsch der Stadt Uster auch die Aufnahme von Vorleistungen hinsichtlich der geplanten Erschliessungsfunktion der Strasse für das Reservegebiet Grossriet.

Zu Frage 1: Die zuständigen kantonalen Ämter stehen seit der Erarbeitung des Masterplans Uster-Volketswil in engem und stetigem Austausch mit den Gemeinden und den Planungsregionen und sind am Gebietsmanagement Uster-Volketswil beteiligt. Ebenso wurden sie während der Erarbeitung des Stadtentwicklungskonzepts (STEK) der Stadt Uster einbezogen. Die neuen Haltungen der Stadt Uster und der Gemeinde Greifensee sind dem Regierungsrat bekannt.

Frage 2: Erschliessung Grossriet verschieben

Grüne: Wie steht der Regierungsrat zur Idee, das Gebiet Grossriet frühestens mit der Planungsrevision 2050 zu entwickeln?

Antwort Regierungsrat: Das Gebietsmanagement Uster-Volketswil, dessen Bestandteil auch das Gebiet Grossriet in Uster ist, fokussiert längerfristig auf das Jahr 2050. Im Rahmen der anstehenden und durch die Stadt Uster durchzuführenden Vertiefungsstudie zum Gebiet Grossriet wird sich konkreter zeigen, wann eine Umsetzung der im Masterplan vorgesehenen Entwicklung erfolgen soll. Die Arbeiten an dieser Vertiefungsstudie wurden noch nicht aufgenommen und erfolgen unabhängig von der laufenden Ortsplanungsrevision der Stadt Uster. Eine zeitliche Verschiebung der Entwicklung des Gebiets Grossriet ist denkbar, sollte jedoch auch die Ergebnisse der Vertiefungsstudie berücksichtigen. 

Frage 3: Streichung aus dem Richtplan

Grüne: Ist der Regierungsrat bereit, das Projekt Neue Greifenseestrasse gemäss dem Willen der Stadt Uster auf Eis zu legen und die Streichung aus dem Regionalen Richtplan zu unterstützen?

Antwort Regierungsrat: Die Neue Greifenseestrasse kann aus verkehrlicher wie auch aus städtebaulicher Sicht begründet werden. Im Masterplan Uster-Volketswil hat sich die Stadt Uster in einer Vereinbarung zu einer Entwicklung des Gebiets Grossriet bekannt. Im kantonalen Richtplan ist das Grossriet als Siedlungsgebiet bezeichnet. Es ist eine der letzten grösseren Baulandreserven im Kanton Zürich.

Die Notwendigkeit der Strasse ist durch den Beschluss des Kantonsrates zum Rahmenkredit für die Regionale Verkehrssteuerung kantonal anerkannt und breit abgestützt. Das Bevölkerungswachstum, die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung der vergangenen Jahre und der damit verbundene Ausbau im öffentlichen Verkehr sind nach wie vor Faktoren, die eine laufende Anpassung der Verkehrsinfrastruktur notwendig machen. Diese soll jedoch nur dort ausgebaut werden, wo sie zwingend notwendig ist.

Frage 4: Alternativen zur Neuen Greifenseestrasse

Grüne: Welche anderen Massnahmen zur Erfüllung der Zielvorgaben der Regionalen Verkehrssteuerung RVS wären im Gebiet Nänikon/Volketswil denkbar?

Antwort Regierungsrat: Alternative Massnahmen zur Erfüllung der Zielvorgaben der RVS im Gebiet Nänikon/Volketswil mussten in der Vergangenheit bereits verworfen werden. Eine Verkehrsführung über Volketswiler Gemeindegebiet oder auf bestehenden Strassen wurde intensiv gesucht, ist aufgrund der dichten Besiedlung jedoch ausgeschlossen. Die bestehende Hölziwiesenstrasse, eine kommunale Erschliessungsstrasse des südwestlichen Industriegebiets, ist nicht als Entlastungsroute für den Durchgangsverkehr geeignet und hat derzeit keine Grundlage in den regionalen Richtplänen Glattal und Oberland.

Frage 5: Verhinderung von Mehrverkehr

Grüne: Die Region und vor allem die Gemeinden Greifensee und die Stadt Uster befürchten durch den Bau der Neuen Greifenseestrasse massiven Mehrverkehr in Greifensee und in Niederuster, da durch den Bau dieser Strasse die Achse A53 zur Forchautobahn massiv aufgewertet würde. Welche flankierenden Massnahmen wären möglich?

Antwort Regierungsrat: Gemäss verschiedenen Gesamtverkehrsmodelluntersuchungen ist nicht davon auszugehen, dass durch eine Erschliessung der Neuen Greifenseestrasse massiver Mehrverkehr zwischen der Forchautobahn und der A 53 entsteht. Die Verkürzung der Strecke ist bezogen auf die Gesamtlänge zu gering, um spürbare Reisezeiteinsparungen zu bewirken, und führt auch weiterhin durch verschiedene Ortszentren, für die sich ortsverträgliche Umgestaltungen in der Planung und Projektierung befinden. Zurzeit sind Betriebs- und Gestaltungskonzepte für die Ortsdurchfahrten Riedikon, die Seestrasse in Niederuster und die Stationsstrasse in Greifensee in Arbeit. Auf der Dorfstrasse Greifensee gilt zudem bereits heute eine reduzierte Höchstgeschwindigkeit.

Um dem befürchteten kleinräumigen Ausweichverkehr zwischen Uster und dem Autobahnanschluss Volketswil zur Vermeidung von Wartezeiten an den Barrieren in Uster entgegenzuwirken, hat die Volkswirtschaftsdirektion der Kostenübernahme für verkehrsberuhigende Massnahmen auf der Tumigerstrasse als Projektbestandteil der Neuen Greifenseestrasse zugestimmt. Da sich die Tumigerstrasse im Eigentum der Gemeinde Greifensee befindet, ist diese bei der Erarbeitung der Massnahmen federführend zuständig. Der Umfang der Kostenübernahme ist mit Vorliegen des Massnahmenkonzepts zu diskutieren.

Frage 6: Notwendigkeit der Baulanderschliessung

Grüne: Das Grossriet befindet sich im funktionalen Raum des oberen Glattals, wo bereits viele Gemeinden eine starke Verdichtung ihrer Nutzungsplanung vorantreiben. Sieht der Regierungsrat darüber hinausgehenden Entwicklungsbedarf, der eine Erschliessung des Grossriets mittels neuer Greifenseestrasse auf Vorrat rechtfertigt?

Antwort Regierungsrat: Gemäss Raumordnungskonzept des kantonalen Richtplans soll das anhaltende Bevölkerungs- und Arbeitsplatzwachstum zu 80% in den urbanen Räumen und innerhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets stattfinden. Das Eindämmen der Zersiedlung in periphereren Gebieten und die verdichtete Siedlungsentwicklung an zentralen Lagen tragen erheblich zur Verminderung der täglichen personenspezifischen Verkehrsleistung im Alltagsverkehr bei.

Die statistischen Modelle und die raumplanerischen Analysen zeigen, dass zur Bewältigung des Bevölkerungswachstums auch zukünftig Einzonungen in dafür geeigneten Gebieten nötig sein werden.

Im Rahmen der gemeindeübergreifenden Gebietsentwicklung Masterplan Uster-Volketswil 2050 hat sich gezeigt, dass das Gebiet Grossriet eines der Gebiete ist, die in Zukunft zur Bewältigung des Bevölkerungswachstums entwickelt werden sollen. Es liegt in unmittelbarer Nähe zu einer S-Bahn-Station mit attraktiven Verbindungen ins Zentrum der Stadt Zürich, nach Zürich Nord, in die Richtung Uster und ins Zürcher Oberland. Die Distanzen im innerörtlichen Verkehr und im Verkehr in die Nachbargemeinden können aufgrund der topografischen Bedingungen bequem unmotorisiert bewältigt werden. Der Hardwald und der Greifensee sind als attraktive Naherholungsräume in unmittelbarer Nähe und somit gut mit Langsamverkehr erreichbar.

Aus Sicht der gesamtkantonalen Planung ist somit eine Entwicklung des Gebiets Grossriet für die Zielsetzungen des kantonalen Raumordnungskonzepts nach wie vor sinnvoll.

Frage 7: Kategorisierung der Fruchtfolge

Grüne: Die landwirtschaftliche Nutzungseigungskarte weist dem Gebiet eine ungeschränkte Fruchtfolge 2. Güte zu. Der Eintrag ist jedoch nicht deckungsgleich mit der Fruchtfolgefläche (FFF). Wie erklärt sich diese Diskrepanz?

Antwort Regierungsrat: Die in der Frage aufgeworfene «Diskrepanz» zwischen der Nutzungseignungskarte und der anrechenbaren Fruchtfolgefläche (FFF) kommt dadurch zustande, dass der grösste Teil des Grossriets gemäss Richtplan zum Siedlungsgebiet gehört und damit trotz Nutzungseignungsklasse 2 nicht zur FFF gerechnet werden kann.

Thomas Honegger, Kantonsrat Grüne, Walter Meier, Kantonsrat EVP, Andreas Hasler, Kantonsrat GLP

Sie können die Anfrage hier herunterladen.