Anmerkung: Die Grünen Stadt Uster haben die Nein-Parole zur Prüfung eines Gemeindewechsels von Nänikon und Werrikon nach Greifensee beschlossen. Die Mitglieder der Grünen in den beiden betroffenen Aussenwachten haben sich jedoch für ein Ja ausgesprochen. Ihre Minderheitsmeinung soll ebenfalls gehört werden.
Es ist so: Auslöser für die Prüfungsinitiative «Pro 8606 – zusammenführen was zusammengehört» war das Gezerre um die Zukunft der gemeinsamen Oberstufenschule Greifensee-Nänikon-Werrikon, die unselige kantonale Bestimmung, welche übereinstimmende Grenzen von Schul- und Politischen Gemeinden verlangt. Tatsächlich böte eine Gemeinde Greifensee-Nänikon-Werrikon auch schulisch die überzeugendste Lösung. Primarschule und Oberstufenschule könnten organisatorisch vereint und die Beziehungen dadurch vereinfacht werden. Ein Zweckverband oder ein Anschlussvertrag sind da wesentlich komplizierter und überzeugen weit weniger.
Aber eben: Die Schulfrage war nur der Auslöser für die aktuelle Initiative, nicht das grundlegende Motiv. Denn Nänikon wollte in der Geschichte nie zu Uster gehören, und allein in den letzten Jahrzehnten kam das Thema Vereinigung mit Greifensee alle paar Jahre wieder auf. Denn die bauliche Entwicklung hat Nänikon und Greifensee seit den 1960erJahren zu einer Siedlungseinheit zusammenwachsen lassen, die jetzt auch nach politischen Konsequenzen ruft. 8606 ist eines der Symbole für das Zusammenwachsen; eine gemeinsame Post, ein gemeinsamer Bahnhof, Einkaufen, Sport, Vereine, kulturelle Anlässe, eine Gemeindegrenze, die irgendwo willkürlich zwischen den Häuser verläuft, sind weitere. Kommt der soziokulturelle Aspekt hinzu: Werrikon, Nänikon und Greifensee sind dörflich, nicht städtisch geprägt. Das Anliegen der Prüfungsinitiative ist übrigens ohne parteipolitische Prägung: In Nänikon/Werrikon wie in Greifensee stehen alle politischen Parteien dahinter.
Ustermer Gegner der Prüfungsinitiative unterstellen uns finanzielle Motive. Die Abtrünnigen möchten weniger Steuern bezahlen. Der Vorwurf der rein finanziellen Sicht fällt auf sie selber zurück. Zwar heisst es im städtischen Abstimmungsvideo, Nänikon und Werrikon generierten 13 Millionen Franken städtische Steuereinnahmen jährlich. Aber da wird lamentiert, ein Aufwand von (einmalig) 800 000 Franken für die Prüfungsinitiative sei unzumutbar… Wo bleiben da die Relationen? Sodann argumentiert man, netto würde Uster durch die Abspaltung jährlich netto 3 Millionen an Einnahmen verlieren. Mit Verlaub: das ist reine Stimmungsmache. Denn es geht bei der Abstimmung nur um den Auftrag an die Exekutiven der beiden Gemeinden, einen Vertrag für den Gemeindewechsel auszuhandeln. Darin wird es selbstverständlich auch um Finanzielles gehen. Niemand glaubt allen Ernstes, dass Greifensee Nänikon und Werrikon ohne finanzielle Gegenleistung einverleiben könnte. Die Modalitäten dafür sind Verhandlungssache. Wenn beispielsweise die Stadt Uster befürchtet, es entgingen ihr Grundstückgewinnsteuern in Näniker Baugebieten: Da kann man doch vertraglich vereinbaren, solche während einer längeren Zeit untereinander aufzuteilen. Mit konkreten Zahlen bezüglich finanzieller Auswirkungen Ängste zu schüren, ist unseriös.
Dann ist auch die Auswirkung einer Abspaltung auf die Stadt Uster zu relativieren. Näniker und Werriker machen deutlich unter einem Zehntel der Ustermer Bevölkerung aus. Anderseits gewänne Greifensee mit den Zuzügern rund 3000 Personen, was mehr als 50 Prozent ausmacht. Die Gemeinde würde also bezüglich personeller Ressourcen markant gestärkt. Sie würde neu mit 9000 Einwohnern im ersten Drittel der Zürcher Gemeinden landen. Der Vorwurf, der Zusammenschluss würde Kleinstrukturen fördern, sticht nicht.
Der Gegenentwurf der Ustermer Politik zu unserer Initiative ist die Idee, Greifensee einzugemeinden. Deshalb nahm der Gemeinderat – mit bereitwilliger Unterstützung der Stadträtinnen und Stadträte – ein entsprechendes Postulat bezüglich Vor- und Nachteile an. Und dies ohne jegliches Signal für Fusionsgelüste aus der Nachbargemeinde: Mit Verlaub: das ist geschmacklos und höchst unanständig. Dass der Stadtrat und die Fraktion der Grünen im Ustermer Gemeinderat da mitgemacht haben, hat mich sehr irritiert. Das erscheint uns als Arroganz des anscheinend Mächtigen.
Und zum Abschluss das Stichwort Glarnerisierung. Wenn die Zürcherinnen und Zürcher dereinst beschliessen, ihr Kanton solle neben zwei grossen Städten nur noch Gemeinden mit 50 000 Einwohnern umfassen, dann ist völlig klar: Greifensee und Mönchaltorf gehören dannzumal zu Uster. Doch weil dieser Tag zumindest noch Jahrzehnte auf sich warten lassen wird, machen wir doch einen sinnvollen Schritt.
Prüfen wir vorurteilsfrei und seriös die Bedingungen, unter denen Nänikon und Werrikon zu Greifensee wechseln könnten. Stimmen wir im November Ja zur Prüfungsinitiative und entscheiden wir Jahre später angesichts des konkreten Vertrages, ob der Wechsel stattfinden kann oder nicht. Dieses Vorgehen zeugt von Fairness gegenüber dem grossmehrheitlichen Wunsch der beiden Aussenwachten.
Heinz Girschweiler, Nänikon
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