Der Regierungsrat wird beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, um jede Gemeinde zu verpflichten, eine verantwortliche Ombudsstelle für kommunale Angelegenheiten zu benennen.
Begründung:
Im Umgang mit Behörden können Probleme auftreten. Menschen fühlen sich unter Umständen nicht ernst genommen, schlecht behandelt oder missverstanden. In einigen Gemeinden gibt es bereits die Möglichkeit, sich an eine gemeindeeigene Ombudsstelle zu wenden. 22 Gemeinden nehmen die Möglichkeit war, sich der kantonalen Ombudsstelle anzuschliessen. Dies wird den Gemeinden mit Art. 81 Abs. 4 der Kantonsverfassung ermöglicht. In vielen Gemeinden gibt es jedoch keine Möglichkeit, auf eine unabhängige Stelle zuzugehen, die vermittelnd und schlichtend eingreifen kann.
Dabei bringt eine Ombudsstelle viele Vorteile. Durch frühes Vermitteln oder Klären von Sachverhalten können unter Umständen aufwendige und kostspielige rechtliche Verfahren – für Privatpersonen, Unternehmen oder die Verwaltung – vermieden werden. Beispielsweise wenden sich Personen an eine Ombudsstelle, wenn sie von der juristisch korrekten, aber nicht immer einfach verständlichen «Beamtensprache» überfordert sind und nicht wissen, wie sie konkret auf einen Brief von der Behörde reagieren sollten. Ebenso ist die Hürde, sich von einer unabhängigen Stelle Rat und Unterstützung zu holen, niedriger. Unterstützung wird dadurch allen zugänglich.
Ombudsstellen helfen aber nicht nur konkret Einwohnerinnen und Einwohner, sondern können auch eine Art Frühwarnsystem für Behörden sein, wenn sich in einer Behörde Probleme anbahnen. Via ihrer Jahresberichte können Ombudsstellen einen Blick von aussen geben.
Stellungnahme des Regierungsrates
Eine Ombudsstelle bezweckt, als Teil der Verwaltungskontrolle die hierarchische Aufsicht zu ergänzen und Rechts- und Interessensschutz von Privatpersonen gegenüber den Behörden zu gewähren. Sie kann eine beschwerdeführende Person beraten, die Angelegenheiten mit den Behörden besprechen und schriftliche Empfehlungen zuhanden der überprüften Behörden erlassen, nicht aber verbindliche Anordnungen treffen. Die Ombudsperson als Leiterin der Ombudsstelle wird von der Legislative gewählt, ist von dieser und der Exekutive aber unabhängig und handelt weisungsfrei.
Die Ombudsstelle des Kantons Zürich hat ihre rechtliche Grundlage in Art. 81 der Kantonsverfassung (KV, LS 101) und den §§ 87–94b des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, LS 175.2). Gemäss Art. 81 Abs. 2 KV vermittelt die Ombudsstelle zwischen Privatpersonen und der kantonalen Verwaltung, den kantonalen Behörden oder Privaten, die kantonale Aufgaben wahrnehmen, wobei das Gesetz Ausnahmen vorsehen kann. Gemäss Art. 81 Abs. 4 KV kann die Ombudsstelle auch in Gemeinden tätig werden, deren Gemeindeordnung dies vorsieht. Sie prüft in diesem Fall gemäss § 89 Abs. 2 lit. b VRG, ob die Behörden und Verwaltungsbehörden der Gemeinde nach Recht und Billigkeit verfahren. Damit ist es den Gemeinden überlassen, ob sie sich dem Tätigkeitsbereich der kantonalen Ombudsstelle unterstellen oder nicht. Die Gemeinden können auch eigene Ombudsstellen schaffen, wie sie unter anderem die Städte Zürich und Winterthur kennen.
Die Motion hat zum Ziel, dass die Gemeinden neu gesetzlich verpflichtet werden, eine Ombudsstelle für kommunale Angelegenheiten zu benennen. Das bedeutet, dass sich die Gemeinden bei Umsetzung der Motion entweder der Zuständigkeit der kantonalen Ombudsstelle unterstellen oder eine eigene Ombudsstelle schaffen müssten.
Die Ombudsstelle ist eine Errungenschaft der modernen Demokratie und kann wesentlich zum gegenseitigen Verständnis zwischen Staat und Individuum beitragen. Deshalb ist sie grundsätzlich auf jeder Verwaltungsebene begrüssenswert, sei es im Bund, im Kanton oder in der Gemeinde. Vor diesem Hintergrund ist das Anliegen der Motion für den Regierungsrat durchaus nachvollziehbar. Die Gemeinden zu verpflichten, sich der Zuständigkeit der kantonalen Ombudsstelle zu unterstellen oder eine eigene Ombudsstelle zu schaffen, stellt jedoch einen schwerwiegenden Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Gemeindeautonomie dar. Diese sieht vor, dass die Gemeinden ihre Angelegenheiten im Rahmen des übergeordneten Rechts selbstständig regeln und der Kanton ihnen hierbei einen möglichst weiten Handlungsspielraum überlässt. Die Gemeinden ordnen ihre Angelegenheiten grundsätzlich selbstständig (Art. 85 KV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Gemeindegesetz [LS 131.1]). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Gemeinde in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt (vgl. BGE 122 I 279, E. 8b). Massgebend für die Bestimmung des Umfanges der Gemeindeautonomie ist das kantonale Recht (vgl. Art. 50 Abs. 1 Bundesverfassung [SR 101]). Das kantonale Recht räumt den Gemeinden im Zusammenhang mit der Schaffung von Ombudsstellen bewusst eine Entscheidungsfreiheit ein. Es ist ihnen überlassen zu entscheiden, ob sie ihrer Bevölkerung zur Vermittlung in Gemeindeangelegenheiten eine Ombudsstelle zur Verfügung stellen wollen. Entsprechend hielt der Ombudsmann des Kantons Zürich bereits 1999 fest, dass eine Regelung auf kommunaler Ebene aufgrund der Gemeindeautonomie nicht statthaft wäre (vgl. den Tätigkeitsbericht 1999 des Ombudsmanns des Kantons Zürich, S. 10). Diese auf Freiwilligkeit beruhende Regelung der Schaffung von Ombudsstellen in den Gemeinden hat sich in den letzten Jahren bewährt. Auch ist dem Regierungsrat nicht bekannt, dass von den Gemeinden und der Bevölkerung in den letzten Jahren ein anderweitiges Bedürfnis geäussert worden wäre. Daraus lässt sich schliessen, dass es keine zwingende Notwendigkeit für Ombudsstellen in allen Gemeinden gibt. Der Regierungsrat sieht deshalb keinen Bedarf für eine Änderung der bestehenden, die Gemeindeautonomie respektierenden Regelung sowie für eine Verpflichtung zur Schaffung von Ombudsstellen in den Gemeinden. Er lehnt das Anliegen der Motion deshalb ab.
Es gibt jedoch gute Gründe, auf die Wichtigkeit der freiwilligen Ombudsstellen in den Gemeinden hinzuweisen. Die Bedeutung der Vermittlung zwischen Bevölkerung und Behörden bzw. Verwaltung nimmt im heutigen, komplexer werdenden Leistungsstaat stetig zu. Die Tätigkeit der Ombudsstelle kann auch Hinweise auf mögliche gesellschaftspolitische Entwicklungen aufzeigen. Der Regierungsrat begrüsst deshalb insbesondere die Bemühungen der kantonalen Ombudsstelle, die Gemeinden auf ihre Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Es ist ihr gemäss eigenen Angaben in den letzten vier Jahren unter anderem auch dank persönlichen Auftritten des kantonalen Ombudsmanns in den Gemeinden gelungen, die Zahl der an die kantonale Ombudsstelle angeschlossenen Gemeinden zu verdoppeln. Die Auftritte in den Gemeinden zeigten eine grosse Wirkung, weil der Ombudsstelle in den Gemeinden dadurch ein Gesicht verliehen werden konnte. Die Ombudsstelle geht davon aus, dass sich ihr in den nächsten Jahren weitere, insbesondere grössere Gemeinden anschliessen oder eine eigene Ombudsstelle schaffen werden.
Weiter ist es den Stimmberechtigten einer Gemeinde bereits heute möglich, mit einer kommunalen Initiative die Zuständigkeit der kantonalen Ombudsstelle für die Gemeinde oder die Schaffung einer eigenen Ombudsstelle zu verlangen. Auf die entsprechende Möglichkeit wird in der Mustergemeindeordnung, die auf der Webseite des Gemeindeamtes öffentlich zugänglich ist, aufmerksam gemacht (vgl. zh.ch/de/politikstaat/gemeinden/gemeindeorganisation.html).
Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass eine Verpflichtung der Gemeinden zur Schaffung einer Ombudsstelle auch finanzielle Auswirkungen hätte. Die Gemeinde hat sich an den Kosten der Ombudsstelle zu beteiligen, wenn sie in ihrer Gemeindeordnung das Tätigwerden der Ombudsperson vorsehen möchte (§ 94 Abs. 2 VRG; vgl. auch Verordnung über die Beteiligung der Gemeinden an den Kosten der Ombudsperson [LS 176.5]). Mit Blick auf die Gemeindeautonomie liesse sich die mit der Motion verbundene Kostenpflicht für die Gemeinden kaum rechtfertigen.
Aus diesen Gründen beantragt der Regierungsrat dem Kantonsrat, die Motion KR-Nr. 32/2023 abzulehnen.
Julian Croci, Kantonsrat Grüne & Anne-Claude Hensch, Kantonsrätin Alternative Liste
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