Endlich geht es voran im Kampf gegen Food-Waste. Wichtig ist, dass auch die Detailhändler ihren Beitrag gegen die Verschwendung von Lebensmitteln leisten.
Nicht oft komme ich beschwingt und pfeifend aus dem Bundeshaus, weil Anträge von mir mehrheitsfähig waren; als Politikerin einer konstanten Minderheit haben solche Situationen Seltenheitswert. Umso beschwingter und pfeifender kam ich daher aus unserer letzten Kommissionssitzung vor der Sommerpause: Meine Anträge zum Aktionsplan zur Bekämpfung von Food-Waste wurden angenommen und verleihen einem trägen Papiertiger nun die dringend nötigen Zähne.
Es handelt sich dabei um den Aktionsplan Food-Waste des Bundes, der das ambitionierte Ziel hat, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 gegenüber 2017 zu halbieren. Im Gegensatz zur Vorstellung vieler Menschen in der Schweiz sind wir hier im europäischen Vergleich nämlich absolut nicht vorbildlich unterwegs: Tatsächlich schneidet die Schweiz bei der Lebensmittelverschwendung deutlich schlechter ab als ein durchschnittliches EU-Land. Während in der EU 173 kg pro Kopf und Jahr verschwendet werden, sind es hierzulande 330 kg. Das ist ein Drittel der für den Schweizer Konsum bestimmten Lebensmittel.
Dieser Problematik soll nun mit dem Aktionsplan begegnet werden: Die Schweiz ist einer von fast 200 Staaten, welche die Agenda für eine nachhaltige Entwicklung der UNO verabschiedet und sich dadurch verpflichtet haben, bis 2030 die Lebensmittelverschwendung zu halbieren (im Vergleich zu 2017). Der Aktionsplan schlägt verschiedene Massnahmen zur Erreichung des Ziels vor, wobei ein starker Fokus auf die Ausarbeitung einer branchenübergreifenden Vereinbarung gelegt wird. Weiter werden die Angaben der Haltbarkeitsdaten verbessert, Verpackungen optimiert oder die Anbauplanung angepasst. Dies alles soll zu einer deutlichen Reduktion der Lebensmittelverschwendung auf allen Stufen der Wertschöpfungskette beitragen.
Einfrieren und Spenden wäre eine patente Lösung zur Reduktion von Food-Waste.
All dies ist richtig und wichtig, alle Massnahmen und Vorschläge gehen in die richtige Richtung, nur: Sie basieren allesamt auf Freiwilligkeit und gehen nicht über Empfehlungen hinaus. So ist es beispielsweise noch immer der Fall, dass in Grossverteilern wie Migros und Coop jährlich 5000 Tonnen Fleisch entsorgt werden, obwohl ausdrücklich empfohlen wird, Fleisch einen Tag vor Ablauf des Verkaufsdatums umzuetikettieren und einzufrieren. Dadurch könnte man es an den folgenden Tagen vergünstigt abgeben oder an Organisationen wie Tischlein deck dich oder Foodsharing abgeben.
Als engagiertes Mitglied von Foodsharing weiss ich, dass die Bereitschaft, auch bei Grossverteilern Lebensmittel abzuholen, da wäre und es sehr begrüsst würde, wenn diese zu Spenden bereit wären. Vonseiten Grosshandel foutiert man sich jedoch bisher um die Lösung des Einfrierens, trotz Unterzeichnung der Branchenvereinbarung. Dass Einfrieren und Spenden eine patente Lösung zur Reduktion von Food-Waste ist, beweist beispielsweise Globus, der das bereits umsetzt und dadurch vernachlässigbar wenig Fleisch- und Fischwaren entsorgen muss.
Solange Lösungen auf freiwilligen Empfehlungen basieren, wird sich nichts ändern.
Man bedenke: Die 5000 Tonnen entsprechen dem jährlichen Fleischkonsum von gut 100’000 Schweizer*innen. Um hier den gut gemeinten Empfehlungen auf Papier etwas Nachdruck zu verleihen, habe ich daher einen Antrag gestellt, der den Bund beauftragt, das Gespräch mit den Detailhändlern zu suchen, ihnen explizit diese Lösung aufzuzeigen und den Handlungsspielraum bezüglich Haltbarkeitsdaten zu erörtern. Es ist in diesem Bereich wie in vielen anderen auch: Es gäbe Lösungen, aber solange sie auf freiwilligen Empfehlungen basieren, wird sich nichts ändern.
Dieser und weitere Anträge unserer Kommission wurden vergangene Woche überwiesen und haben dem gut gemeinten Aktionsplan die griffigen Instrumente und Verbindlichkeiten verliehen, die nötig sind, wenn wir der Lebensmittelverschwendung ernsthaft den Kampf ansagen und unsere Ziele erreichen wollen. Und nun verabschiede ich mich, noch immer eine Ode an unsere konstruktive Kommission pfeifend, in die politische Sommerpause und werde die Umsetzung des Planes auch von den Bergen aus aufmerksam im Auge behalten.
Meret Schneider ist grüne Nationalrätin aus dem Kanton Zürich.
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