Wie die vegane Ernährung in der Schweiz gefördert werden könnte.
Der sogenannte Veganuary ist Geschichte – im Januar haben Menschen in der ganzen Schweiz einen Monat lang auf tierische Produkte verzichtet und sich einen Monat lang vegan ernährt. Begleitet wurde die Aktion von viel Medienaufmerksamkeit und der öffentlichkeitswirksamen Produktplatzierung der bekannten Detailhändler: Neue vegane Schnitzel, Aufstriche und Käsealternativen wurden angepriesen, Selbstversuche von Medienschaffenden der unterschiedlichsten Couleur wurden schillernd in Worte gefasst, und in den Kommentarspalten wurden mit gedrückter Capslock-Taste wahlweise die Gemüsefresser diskreditiert oder aber eine ganzheitliche Läuterung durch die vegane Ernährung gepriesen, dass es das berühmte Matter’sche Ross patriotisch gemacht hätte. Die Tonalität erstreckte sich dabei über die gesamte Klaviatur von süffisant belächelnd bis empört cholerisch, eine Debattenkultur, eine Deppattenkultur, möchte man meinen, die ihresgleichen sucht.
Kaum ein Thema, das die Gemüter derart erhitzt wie der eigene Teller oder, und das noch wesentlich mehr: die Teller der anderen. Was uns ansonsten des Öfteren schwerfällt, gelingt hier mühelos: über den eigenen Tellerrand hinaus und sogar in jenen der Nachbarn hineinzublicken. Ist die vegane Ernährung nun der heilige Gral für die eigene Gesundheit oder schlicht eine weitere Spielerei der Lebensmittelhändler, uns weitere Industrieprodukte unterzujubeln? Die Antwort ist in ihrer Einfachheit bestechend und dadurch für Capslock-Kommentarspalten so gänzlich ungeeignet: Sowohl als auch, es kommt darauf an.
Wir essen heute gut dreimal so viel Fleisch, wie die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt.
Wir essen heute gut dreimal so viel Fleisch, wie die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, eine starke Reduktion ist also gesundheitlich sinnvoll. Ist also eine vegane Ernährung per se gesund? Natürlich nicht. Pommes frites, Chips und viele Süssigkeiten sind ebenfalls vegan, und man kann sich selbstverständlich als Fleisch- wie als Pflanzenesserin sehr ungesund ernähren, wenn man dies möchte. Ein Argument jedoch, das in Leserbriefen und der öffentlichen Diskussion Hochkonjunktur geniesst, möchte ich definitiv entkräften. Es wird beständig moniert, pflanzliche Alternativprodukte seien künstlicher oder industrieller hergestellt als ihre tierischen Pendants und auf den Import von Rohstoffen wie Soja aus Brasilien angewiesen. Dies ist schlicht falsch.
Folgende Zutaten stecken in einem Cervelat von Naturafarm Coop: Schweinefleisch 27% (Schweiz), Eis, Rindfleisch 22% (Schweiz), Speck (Schweiz), Schwarten, Nitritpökelsalz (Kochsalz, Konservierungsstoff [E 250]), Kartoffelstärke, Gewürze, Kochsalz jodiert, Acerolapulver, Hefeextrakt, Gewürzextrakt, Rapsöl, Stabilisator (E 262). Das pflanzliche Äquivalent kommt mit wesentlich weniger Inhaltsstoffen aus, und auch die oft zum Einsatz kommenden Sojabohnen stammen für den menschlichen Verzehr nicht aus Brasilien, sondern aus der Schweiz, Deutschland oder Österreich. Ich möchte hier keinesfalls das Scharmützel «Fleisch gegen Vegi» befeuern, sondern auf einen konstruktiven Weg hinweisen. Viele Firmen, die pflanzliche Produkte produzieren, wie Planted, Green Mountain oder New Roots, stammen aus der Schweiz und würden gern mit mehr Schweizer Rohstoffen arbeiten.
Und hier kommt meine politische Motion ins Spiel: Vor einiger Zeit habe ich gefordert, dass Bauern in Zukunft auch Einzelkulturbeiträge erhalten, wenn sie pflanzliche Proteinquellen wie Hülsenfrüchte zur menschlichen Ernährung anbauen. Bisher erhielten sie diese nur, wenn sie Hülsenfrüchte als Tierfutter anbauten: Die gleiche Kultur zur menschlichen Ernährung erhielt keine Beiträge. Umso erfreuter war ich nun vor kurzem, als ich das neue landwirtschaftliche Verordnungspaket durcharbeitete: Das Anliegen meiner Motion wurde aufgegriffen, und die Beiträge werden neu ausbezahlt! Ein echter Erfolg! Bereits diese Saison wird ein befreundeter Ustermer Bauer Ackerbohnen und Lupinen für die menschliche Ernährung anbauen, und ich freue mich auf viele weitere innovative Bauern, die diese Chance wahrnehmen und ergreifen.
Meret Schneider ist grüne Nationalrätin des Kantons Zürich.
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