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Beim Bundesamt für Umwelt ist zu lesen, dass 35 Prozent aller in der Schweiz vorkommenden Arten – das sind immerhin mindestens 45 000 – bedroht sind. Je kleiner und fragmentierter das besiedelte Gebiet ist und je rascher der Bestand zurückgeht, desto höher ist die Gefährdungsstufe. Die Forderung der Bundesverfassung, Tier- und Pflanzenarten vor der Ausrottung zu bewahren, ist nicht erfüllt. Auch das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz wird ungenügend umgesetzt. Es bezweckt die Erhaltung der Vielfalt einheimischer Arten und ihrer natürlichen Lebensräume.
Bereits im Februar 2019 hat der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation 18.4262 zugegeben, dass die Schweiz nicht in der Lage ist, die Mehrheit der nationalen und internationalen Biodiversitätsziele bis 2020 zu erreichen. Dennoch hat er nicht die Absicht, angesichts dieses angekündigten Scheiterns schnell zu handeln. Der Bericht der Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services über den alarmierenden Stand der Biodiversität zeigt aber auf, dass die Herausforderung, die Biodiversität zu bewahren, dringend ist und prioritär behandelt werden muss, jetzt mehr denn je. Die Schweiz ist eine schlechte Schülerin. Sowohl der letzte Umweltprüfbericht der OECD als auch die regelmässig stattfindenden Evaluationen des Bundesamtes für Umwelt belegen dies.
Nun mag man denken, global sei die Lage sicher dramatisch, hier in der Schweiz hätten wir aber eine intakte Natur, saubere Gewässer, viel Grünland und Wald, und wir hätten gar nicht so viel Potenzial, das wir noch ausschöpfen könnten. Diese Argumentation habe ich unzählige Male auf der Strasse gehört. Sie ist völlig falsch. Laut Bundesamt für Umwelt sind nur noch 0,2 Prozent der Flächen unterhalb von 500 Metern über Meer naturnah. In keinem, ja, in keinem anderen Land ist der Anteil bedrohter Arten so hoch wie in der Schweiz. 39 Prozent aller Vogelarten sind auf der Roten Liste und vom Aussterben bedroht. Das ist dreimal so viel wie im globalen Durchschnitt.
Der ungenügende Zustand der Biodiversität in der Schweiz betrifft alle drei Ebenen: die Lebensräume, die Artenvielfalt und die so wichtige genetische Vielfalt. Gerade Letztere ist von immenser Bedeutung, um die Anpassung der Arten an den Klimawandel zu gewährleisten. Geht die Vielfalt des genetischen Pools zurück und dominieren einige wenige Arten und Ausprägungen, fällt die evolutionäre Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen zunehmend schwer, da weniger Mutationen möglich sind. Der sonst so flexible und evolutionär sinnvolle Mechanismus, der vielen Arten in der Vergangenheit dazu verholfen hat, sich anzupassen und weiterzuentwickeln, wird ausgehebelt.
Der Bundesrat muss jetzt handeln. Noch bevor die Strategie Biodiversität Schweiz – diese bietet bereits eine gute Arbeitsgrundlage – angepasst wird, muss der Aktionsplan intensiviert werden. In ihm sollen effiziente und, falls notwendig, verpflichtende Massnahmen festgeschrieben werden, und er muss ausreichend Mittel vorsehen, deren Finanzierung auch gesichert ist.
Meret Schneider, Nationalrätin Grüne Kanton Zürich
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