Nebst den überkommunalen Naturschutzgebieten, die im Kanton Zürich einen vorzüglichen Schutz geniessen, befindet sich ein weiterer, wichtiger Naturwert in der Summe vieler kleinerer Objekte, die «bloss» in die Zuständigkeit der Kommunen fallen und in kommunalen Naturschutzinventaren beschrieben werden sollten. Passieren Schäden an diesen kommunalen Naturschutzobjekten, lassen sich diese in vielen Fällen kaum mehr beheben. Gemäss Planungs- und Baugesetz (PBG) § 203ff des Kantons Zürich haben die Gemeinden dafür zu sorgen, dass Schutzobjekte geschont und, wo das öffentliche Interesse an diesen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben. Leider kommt es immer wieder vor, dass wertvolle kommunale Naturobjekte nicht den angemessenen Schutz erhalten und beeinträchtigt oder ganz zerstört werden. Exemplarisch vorgefallen ist dies in der Gemeinde Höri, wo im Januar 2021 48 alte Hochstammobstbäume gefällt wurden. Es macht aber zusätzlich hellhörig, dass Recherchen ergaben, dass viele Gemeinden immer noch keine Inventare haben oder ggf. ganz veraltete. Dies wurde bereits in Anfragen (KR-Nr. 310/1994, KR-Nr. 1/1999) und einem Postulat (KR-Nr. 235/1995) thematisiert. Abgesehen von den Schutzinventaren fehlen sehr oft auch die vorgeschriebenen kommunalen Schutz- und Pflegeverordnungen und Bewirtschaftungsverträge. Gemäss § 2 lit. b des PBG liegt die Verantwortung bei der zuständigen Direktion.
In diesem Zusammenhang stellen wir dem Regierungsrat folgende Fragen:
Grüne: Wie hätten die 48 Hochstammobstbäume in Höri besser geschützt werden können?
Regierungsrat: Das Planungs- und Baugesetz vom 7. September 1975 (PBG, LS 700.1) umschreibt in § 203 Abs. 1 unter anderem die Schutzobjekte des Naturschutzes. Es handelt sich dabei hauptsächlich um seltene oder vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen und die für ihre Erhaltung nötigen Lebensräume (lit. g). Über die Schutzobjekte erstellen die für Schutzmassnahmen zuständigen Behörden Inventare (§ 203 Abs. 2 PBG). Für das Inventar der Schutzobjekte von überkommunaler Bedeutung ist die Baudirektion, für das Inventar der Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung sind die Gemeinden zuständig (§ 4 Kantonale Natur- und Heimatschutzverordnung vom 20. Juli 1977 [KNHV, LS 702.11]). Die Inventare sind bei Bedarf nachzuführen (§ 8 KNHV). § 204 Abs. 1 PBG verpflichtet unter anderem den Staat und die Gemeinden, in ihrer Tätigkeit dafür zu sorgen, dass Schutzobjekte geschont und, wo das öffentliche Interesse an diesen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben.
Zu Frage 1:
Der Obstgarten mit 48 Hochstammbäumen in Höri war ein prägendes Element der Kulturlandschaft und Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten der halboffenen Habitate. Insbesondere aufgrund seiner Grösse wies er aber keine überkommunale Bedeutung auf, weshalb er nicht in entsprechenden kantonalen Inventaren enthalten war bzw. dessen Schutz nicht in der Kompetenz des Kantons liegt. Er erfüllte auch die Voraussetzungen für kantonale Zusatzbeiträge gemäss § 7 Abs. 2 der Verordnung über Bewirtschaftungsbeiträge für Naturschutzleistungen vom 14. Mai 2014 (LS 702.25), nämlich einen Bestand von mehr als 150 Bäumen, nicht. Ob für ein Objekt eine kommunale Bedeutung im Sinne des Natur- und Heimatschutzes vorliegt, ist durch die Gemeinde abzuklären. Falls die 48 Hochstammobstbäume im kommunalen Naturschutzinventar enthalten waren, wäre die Gemeinde verpflichtet gewesen, für deren Schutz zu sorgen. Der Schutz erfolgt gemäss § 205 PBG durch Massnahmen des Planungsrechts, Verordnung, Verfügung oder Vertrag. Falls die Gemeinde zum Schluss gekommen ist, dass der Obstgarten keine kommunale Bedeutung aufweist, bestand für die Bäume kein Schutz.
Grüne: Wie viele und welche Gemeinden verfügen über kein Naturschutzinventar?
Angaben zu den Gemeinden des Bezirks Uster*:
- Dübendorf: nicht festgesetzt
- Egg: unbekannt
- Wangen-Brüttisellen: nicht festgesetzt
Wie aktuell sind die Inventare der übrigen Gemeinden? Wir bitten um Auflistung in tabellarischer Form.
Angaben zu den Gemeinden des Bezirks Uster*:
- Fällanden: 26.8.1986
- Greifensee: 04.02.1986
- Maur: 11.12.1989
- Mönchaltorf: 06.03.1984
- Schwerzenbach: 26.01.1987
- Uster: 11.02.1986
- Volketswil: März 1986
Wie viele und welche Gemeinden verfügen über keine kommunale Schutzverordnung der inventarisierten Objekte und über keine vorgeschriebenen Bewirtschaftungsverträge? Auch hier bitte mit einer Auflistung in tabellarischer Form.
Angaben zu den Gemeinden des Bezirks Uster*:
- Greifensee: Keine SVO
- Mönchaltorf: Keine SVO
- Schwerzenbach: Keine SVO
*Regierungsrat: Wie bereits in der Beantwortung der Anfrage KR-Nr. 310/1994 betreffend Grosse Verzögerungen beim Vollzug des Natur- und Landschaftsschutzes im Kanton Zürich ausgeführt, sind die Gemeinden rechtlich nicht verpflichtet, ihre Inventare und Schutzbeschlüsse dem Kanton zu unterbreiten. Der Regierungsrat verfügt deshalb über keinen abschliessenden Überblick über die Situation in den Gemeinden. Die Fragen können somit nicht mit konkreten Zahlen beantwortet werden. Eine Aufstellung über die kommunalen Erlasse, die dem Kanton bekannt sind, findet sich auf der Webseite der Fachstelle Naturschutz (zh.ch/content/dam/zhweb/bilder-dokumente/themen/umwelt-tiere/naturschutz/naturschutzgebiete/kommunale_inventare_und_svo.pdf). Diese Liste hat jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität.
Grüne: Wer kontrolliert, wie diejenigen Gemeinden ohne kommunale Schutzverordnung ihre Pflicht zur Schonung der Schutzobjekte wahrnehmen?
Wer, welche Ebenen und welche Amtsstelle, kontrolliert den Vollzug der Paragraphen § 203ff PBG?
Regierungsrat: Ebenfalls in seiner Beantwortung der Anfrage KR-Nr. 310/1994 hielt der Regierungsrat zu den Zuständigkeiten im Bereich der kommunalen Naturschutzaufgaben fest, dass der Baudirektion und dem Regierungsrat keine Instrumente gegeben sind, um die Gemeinden zu zwingen, ihrer Pflicht zur Aufstellung von Inventaren und zur Anordnung von Schutzmassnahmen nachzukommen. Gegenüber säumigen Gemeindebehörden können Stimmberechtigte das Anfragerecht gemäss § 51 des Gemeindegesetzes (heute: § 17 Gemeindegesetz vom 20.April 2015 [LS 131.1]) wahrnehmen, wobei ihnen ordentliche Rechtsmittel verwehrt bleiben. In besonderen Fällen, zum Beispiel bei Hinweisen auf klare Pflichtverletzungen, wäre ein Eingreifen des Bezirksrates als kantonale Aufsichtsbehörde denkbar. Das bei der Baudirektion für den Vollzug des Sachgebiets Naturschutz zuständige Amt für Landschaft und Natur (ALN) unterstützt die Gemeinden bei ihren Aufgaben bzw. im Vollzug von §§ 203 ff. PBG mit Fachwissen und Grundlagen. Es besteht dazu eine spezifische Webseite «Naturschutz in den Gemeinden» (zh.ch/de/umwelt-tiere/naturschutz/naturschutz-in-gemeinden.html), auf der unter anderem Anleitungen zur Erarbeitung eines kommunalen Inventars der Naturschutzobjekte sowie einer entsprechenden Schutzverordnung verfügbar sind. Das ALN hilft auch bei konkreten Anfragen von Gemeinden weiter.
Wilma Willi, Thomas Honegger, David Galeuchet, Kantonsrät*innen Grüne
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